Waldeslust
Eine Satire von Franzi Klingelhöfer
für Menschen ab 8 Jahren
Regie: Günther Lorreng
Aufführungen 1990 in Hauset
Bericht der Aachener Volkszeitung
AVZ vom 27. März 1990
Das Zauberschloss musste der Schnellstraße weichen
Modernes Märchen begeisterte die Hauseter
Passen Märchen überhaupt noch in unsere Zeit? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Aufführung des Theaters Gaudium. „Waldeslust“, so der Titel der Satire von Franzi Klingelhöfer, die die Theaterwerkstatt in Zusammenarbeit mit dem Kreativen Atelier Regenbogen und der Deutschsprachigen Gemeinschaft inszenierte.
Eine Herausforderung stellte das Stück besonders für Günther Lorreng dar. Mit der Erarbeitung gab er sein Debüt als Regisseur moderner Stücke. Doch auch die Laiendarsteller engagierten sich mit viel Fleiß für ihr erstes Theaterprojekt. 21 Kinder und zwölf Erwachsene probten drei Monate lang. Ergebnis: Eine gelungene Inszenierung, die vor Situationskomik sprühte. Mehr als eine Stunde brachten die Schauspieler das Publikum zum Lachen. Doch der Hintergrund blieb ernst: Die in der selbst gestalteten Waldkulisse aufragenden Bäume beklagten ihr unaufhaltsames Sterben. Saurer Regen, zivilisationsbedingte Abholzung zerstören ihren Lebensraum. Aufheiterung soll den Bäumen der alte Zauberer Quapidor bringen. Den Gang der Zeit hat auch der bucklige Magier nicht unbeschadet überstanden. Sein Zauberschloss musste der Schnellstrasse nach Eupen weichen.
Was ist aus den lieben Märchengestalten vergangener Tage geworden? Dem Zauberer und den Bäumen verschlägt es die Sprache. Rotkäppchen führt den Wolf an der Leine. Die Großmutter ist ins Hochhaus umgezogen. Hänsel und Gretel finden auf dem Trimmpfad sicher ihren Weg. Und auf die böse Hexe ist auch kein Verlass mehr. In Stöckelschuhen tanzt sie zu Rapmusik. Ihr Knusperhäuschen ist umfunktioniert, eine Disco lockt jetzt die Jugend. Die Bäume sind außer Fassung, selbst die Märchenwelt ist verändert. Der Zauberer versucht es trotzdem ein zweites Mal. Im praktischen Ölzeug treten die sieben Zwerge auf. Schneewittchens Apfel bedarf heute keines Giftes mehr, Spritzmittel sind jetzt die Killer. Unkrautvertilgungsmittel lassen auch die Feldmaus hungern. Da geht es der Stadtmaus schon besser. Sie ernährt sich von den überreichlichen Abfällen. Bei so viel Chaos gibt es nur eine Chance: „Alle Menschen müssen helfen die Natur zu retten”, sagt der alte Zauberer weise. Von der Waldeslust bleibt sonst am Ende nur noch Frust. Das Publikum war begeistert von diesem Theater. „Einfach toll“, lauteten die Kommentare aller Zuschauer.
Caroline Fister